Gesellschaft

Kinderehen verstoßen gegen unsere Werte

“Kinderehen verletzen elementare Menschenrechte von Kindern. Sie sind mit unserem Verständnis von Ehe, die auf einer freien Willensentscheidung und gleichberechtigter Partnerschaft von Mann und Frau beruht, nicht zu vereinbaren”, betont Claudia Lücking-Michel. Fassungslos ist die Bonner CDU-Bundestagsabgeordnete über Äußerungen der SPD-Integrationsbeauftragten, die sich gegen ein pauschales Verbot von Ehen von Minderjährigen ausgesprochen hat. Auch Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) hat in dieser Woche von ihm geplante Ausnahmen im neuen Gesetz gegen Kinderehen verteidigt.

“Wir haben eine Verantwortung für alle dauerhaft in Deutschland lebenden Mädchen und Frauen. Wenn ihre elementarsten Rechte durch eine Kinderehe, ihre weitere Entwicklung zu einem selbstbestimmten Leben und die Chancen auf eine gleichberechtigte Integration und Teilhabe betroffen sind, müssen wir handeln. Selbstverständliche Rechte von Mädchen in Deutschland müssen durch ein klares Verbot von Kinder- und Minderjährigenehen geschützt werden”, so Lücking-Michel.

Bis Ende Juli 2016 wurden in Deutschland 1.475 Ehen registriert, in denen ein Partner noch minderjährig ist. Aus diesem Grund sieht die CDU-Bundestagsabgeordnete folgenden gesetzlichen Handlungsbedarf:

Keine Ehe unter 18 Jahren
Um der Schließung von Kinder- und Minderjährigenehen in Deutschland einen Riegel vorzuschieben, muss für alle, die dauerhaft hier leben, deutsches Recht gelten. Wenn die Ehemündigkeit ausnahmslos für alle auf 18 Jahre festgelegt würde, könnten in Deutschland auch keine Ehen mit Minderjährigen mehr neu geschlossen werden.

Keine Voraustrauung
Das Voraustrauungsverbot, das in Deutschland lange Zeit bedeutungslos war, und deshalb zum 31.12.2008 abgeschafft wurde, muss wieder eingeführt und sanktioniert werden. Es darf nicht sein, dass das Standesamtsgebot unterlaufen und grundlegende Rechte von Mädchen in so genannten Nichtehen missachtet werden. Auch religiöse Bestimmungen müssen mit unserer öffentlichen Ordnung in Einklang stehen.

Keine Duldung von Kinderehen, sondern Antragsrecht zur Aufhebung
Jugendämter und Betroffene müssen das Recht erhalten, bei Gericht die Aufhebung einer Kinderehe zu beantragen. Eine Prüfung der Umstände im Einzelfall kann dabei die besondere Situation der jungen Frau im Auge haben, um unzumutbare Härten zu vermeiden.

Mehr Aufklärung und konkrete Hilfe
Angesichts des spezifischen Informations- und Hilfebedarfs der Betroffen, brauchen wir eine breitere Aufklärung sowie einen Ausbau der Anlauf- und Beratungsstellen. Die betroffenen Mädchen müssen ihre Rechte kennen und sie brauchen konkrete Hilfe, um sie auch tatsächlich durchsetzen zu können.

Lücking-Michel: „Haushaltsentwurf setzt Schwerpunkte bei Sicherheit, Bildung und Forschung sowie Entwicklungspolitik“

Die Bundesregierung hat am heutigen Mittwoch den Entwurf des Bundeshaushalts 2017 und den Finanzplan des Bundes 2016 bis 2020 beschlossen. Hierzu betont die Bonner CDU-Bundestagsabgeordnete Claudia Lücking-Michel:

“Die Zukunftsbereiche Bildung, Wissenschaft und Forschung genießen weiterhin hohe Priorität für die CDU-geführte Bundesregierung. Insgesamt steigt der Etat des Bonner Bundesministeriums für Bildung und Forschung im Haushaltsjahr 2017 um knapp 1,2 Mrd. Euro auf fast 17,6 Mrd. Euro. Die Ausgaben für die Deutsche Forschungsgemeinschaft mit Sitz in Bonn, die Max-Planck-Gesellschaft, die Mitgliedseinrichtungen der Wissenschaftsgemeinschaft Gottfried Wilhelm Leibniz, die Fraunhofer-Gesellschaft und die Zentren der Helmholtz-Gemeinschaft werden gegenüber dem Vorjahr erneut um drei Prozent gesteigert; diese Steigerung finanziert der Bund allein.

Der Regierungsentwurf setzt einen großen Schwerpunkt auf das Thema Innere Sicherheit: So sieht der Entwurf für die Bundespolizei im Haushaltsjahr 2017 einen Ansatz in Höhe von rund 3,1 Mrd. Euro vor. Weitere größere Ausgabenbereiche sind das Bundeskriminalamt (rund 531 Mio. Euro), die Bundesanstalt Technisches Hilfswerk (rund 219 Mio. Euro), das Bonner Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (rund 109 Mio. Euro) sowie das Bonner Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (rund 107 Mio. Euro).

Darüber hinaus wird die Bundesregierung auch im Jahr 2017 die Ausgaben aus dem Bundeshaushalt für die Entwicklungszusammenarbeit weiter steigern. Der Etat des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung mit Sitz in Bonn wird erstmals auf rund 8 Milliarden Euro anwachsen. Die Mittel sollen u.a. für die Bekämpfung von Fluchtursachen verwendet werden.”

Vortrag “Die Aufnahme des Flüchtlingsstroms in Deutschland – Wie schaffen wir das?”

Am 23. Januar hielt die Bonner CDU-Bundestagsabgeordnete Claudia Lücking-Michel vor Mitgliedern des Krone/Ellwanger-Kreises der Konrad Adenauer Stiftung eine Rede mit dem Titel “Die Aufnahme des Flüchtlingsstroms in Deutschland – Wie schaffen wir das?”. Im Folgenden können Sie die Rede in voller Länge nachlesen:

“Vor mehr als 20 Jahren habe ich eine Veranstaltung zum Thema Entwicklungshilfe mit der fiktiven BBC-Produktion “Der Marsch” eröffnet. Das beklemmende Zukunfts-Szenario erzählt die Geschichte einer Gruppe hungern-der Afrikaner, die auf der Flucht vor den Katastrophen in ihrem Heimatland nach Europa aufbricht. Auf dem Marsch durch die afrikanische Wüste wächst die Gruppe auf mehrere Tausend Menschen an. Diese Situation treibt die Verantwortlichen in Brüssel um, während der charismatische Anführer des Marsches seine Bot-schaft in Richtung Europa verkündet: “Wir werden sterben. Und wir wollen, dass Ihr uns dabei zuseht!” Als die Afrikaner schließlich die spanische Küste erreichen, treffen sie nicht auf Zäune, sondern auf schwer bewaffnete Soldaten. Sie sind angekommen in der “Festung Europa”. Heute ist „Flüchtling“ Wort des Jahres, 2015 die fiktive Produktion von 1990 könnte ein Beitrag aus der Tages-schau sein.

Krone-Ellw-5152Meine Damen und Herren,
es gibt derzeit kein Thema, das die Politik, die Gesellschaft und die Medien stärker beschäftigt als die seit Monaten anhaltende Flüchtlingskrise. Meine Kollegen im Deutschen Bundestag und ich erhalten seit Wochen ungezählte Mails und Briefe zu diesem Thema. Spätestens seit der Silvesternacht in Köln wird in diesen Zuschriften viel miteinander vermischt: die allgemeine Sicherheitslage und die unerträglichen Gewaltexzesse gegen Frauen in Köln mit der allgemeinen Flüchtlingsbewegung. Aber diese Herausforderung kann man nicht mit einfachen Lösungen meistern.

Es gibt nicht den einen Knopf, auf den man drücken könnte; nicht die eine Maßnahme, mit der die Regierung alles ändern kann oder den einen Satz, den die Kanzlerin nur aussprechen müsste und wir kämen weiter. Fakt ist: Diese Flüchtlingsbewegung ist die derzeit größte Herausforderung, der wir uns stellen müssen. Das ist der Testfall für das „christliche Abendland“ und für die „Wertegemeinschaft Europäische Union“.

Immer wieder erreichen mich Briefe und Mails, in denen Bürger fordern: Machen Sie die Grenzen dicht! Und immer wieder versuche ich dann zu erklären, was diese Maßnahme für Folgen hätte:

1) Die Länder auf der West-Balkan-Route, die darauf bereits vorbereitet sind, werden alle ihre Grenzen für Flüchtlinge schließen. Was aus den Flüchtlingen würde, die gerade zu dem Zeitpunkt unterwegs sind, ist schwer vorherzusagen: An einigen Grenzen wird es mit Sicherheit zu Auseinandersetzungen kommen zu gewaltsamen Konflikte, bis hin zum Kriege: etwa zwischen Slowenien und Kroatien oder Mazedonien und Griechenland.

2) Der Flüchtlingsstrom aus der Türkei wird gleichwohl nicht abreißen. Das liegt an den räumlichen Gegebenheiten. Die griechischen Inseln sind zum Teil nur vier Kilometer von der türkischen Küste entfernt. Griechen-land, das ohnehin kaum in der Lage ist, seine staatlichen Funktionen aufrechtzuerhalten, würde durch die deutsche Entscheidung binnen kurzem in einen „failed state“ verwandelt. Die meisten Flüchtlinge treffen nach wie vor in Griechenland ein, sie kämen von dort nicht mehr weiter. Das Konfliktpotential mit der Türkei, zu der ohnehin keine gutnachbarschaftlichen Beziehungen obwalten, wäre erheblich. Auch hier bestünde schließlich die Gefahr von Kampfhandlungen auf See. Die Ägäis würde in einem bisher ungekannten Maß in ein Massengrab verwandelt werden.

3) Wir hätten wieder ein Bild, das wir seit Jahrzehnten nicht kennen, nämlich lange Autoschlangen an deutschen Grenzen. Wir würden das Ende der Freizügigkeit erleben. Vielleicht DIE Errungenschaft Europas, von der all unsere Einwohner profitieren.

4) Und auch die Wirtschaft würde empfindlich leiden. Denn natürlich müsste auch der gesamte Waren-/Lkw-Verkehr dann kontrolliert werden. Für Deutschland als zentrales Transitland in Europas Mitte eine Katastrophe: 420 Mio. Lkw-Fahrten absolvieren allein EU-Speditionen pro Jahr in Deutschland, transportieren 3,5 Milliarden Tonnen Waren durch und nach Deutschland. Stundenlange Lkw-Staus würden wichtige Wertschöpfungsketten zerstören.

Meine Damen und Herren,

Fakt ist aber auch: Die Aufnahme von rund 1 Million Flüchtlinge im letzten Jahr war ein einmaliger Kraftakt, der nicht wiederholt werden kann. Ein Andauern des aktuellen Zuzugs würde Staat und Gesellschaft, auch in einem Land wie Deutschland, auf Dauer überfordern. Daher muss die Zahl der Flüchtlinge spürbar reduziert werden. Das ist im Übrigen auch ganz klar die Meinung der Kanzlerin. Und das ist die Meinung der CDU.

Viel wurde hierzu schon auf den Weg gebracht: Ich erinnere an das Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz, das im Oktober in Kraft trat. Die größte Änderung des Asylrechts seit 25 Jahren. Dieses Pakt hat klare Zielsetzungen: Schnellere Asylverfahren, weniger Fehlanreize, mehr Unterstützung für Länder und Kommunen, rasche Integration in den Arbeitsmarkt.

Wir haben vor gut einer Woche im Deutschen Bundestag ein Gesetz verabschiedet, mit dem Asylverfahren weiter verbessert und beschleunigt werden sollen. Mit dem Datenaustauschverbesserungsgesetz verhindern wir aufwändige Mehrfacherfassungen. Neben den bereits heute schon zu speichernden Grundpersonalien werden nun auch Fingerabdrücke sowie An-gaben zu Gesundheit und Bildung in einer zentralen Datenbank erfasst. Wir erreichen so hoffentlich eine dringend notwendige Verbesserung der Erfassung und des Austausches der Daten von Asylbewerbern, wodurch Mehrarbeit vermieden und Abläufe beschleunigt werden können.

Und natürlich hat man auch auf die Vorkommnisse von Köln reagiert. Ich begrüße die von Bundesinnenminister de Maizière angestrebte Verschärfung der Rechtslage sehr. Des Weiteren muss aber auch endlich die geplante Verschärfung des Sexualstrafrechts vorgenommen, die Polizei verstärkt und die Videoüberwachung ausgeweitet werden.

Krone-Ellw-5163Meine Damen und Herren,
wir hatten im November 10.000 Flüchtlinge täglich, zurzeit kommen 3000 bis 4000 täglich. Das ist aufs Jahr gesehen immer noch zu viel. Wir können in Berlin so viele Gesetze beschießen wie wir wollen, diese müssen aber auch dann vor Ort umgesetzt werden. Und hier sehe ich noch erheblichen Verbesserungsbedarf. Es muss konsequenter abgeschoben werden. Hier ist nicht der Bund gefordert. Hier müssen Länder wie NRW und Rheinland-Pfalz deutlich nachlegen.

Eine weitere wichtige Frage, die man immer wieder gestellt bekommt, lautet: Wie soll die Integration derjenigen, die bleiben dürfen, gelingen?

Bildung ist der beste Schlüssel für Integration. Deshalb bin ich sehr froh darüber, dass das Bundesbildungsministerium bereits zwei Maßnahmenpakte für Flüchtlinge gestartet hat und in den nächsten Jahren rund 230 Millionen Euro zusätzlich für den Erwerb der deutschen Sprache, das Erkennen von Kompetenzen und Potenzialen von Flüchtlingen und für die Integration in Ausbildung, Beruf und Studium investiert.

Laut Bundesagentur für Arbeit wird die Arbeitsmarktintegration von Schutzsuchenden nach den Erfahrungen der Vergangenheit schrittweise, über mehrere Jahre gelingen. Erfolg und Geschwindigkeit werden wesentlich von der Länge der Asylverfahren, der Sprachförderung, den Investitionen in Bildung und Ausbildung, der Arbeitsvermittlung und der Aufnahmefähigkeit der Wirtschaft abhängen. Durch die günstige Arbeitsmarktsituation in Deutschland überwiegen laut Bundesagentur für Arbeit bei der Integration von Schutzsuchenden die Chancen für die Gesellschaft als Ganzes.

Ein Problem bei der Integration ergibt sich im Blick auf formalisierte Abschlüsse. Das duale Ausbildungssystem ist im arabischen Raum kaum bekannt, so dass es im Moment schwer ist, die Qualifikationen der Schutzsuchenden mit unserem formalen System zu erfassen. Die BA plädiert dafür, non-formale Qualifikationen, wie z.B. Berufserfahrungen, eine relevantere Rolle zuzugestehen. Wie sehr die Sozialkassen langfristig be- oder entlastet werden, hängt davon ob, wie schnell die Integration in den Arbeitsmarkt gelingt.
Neben Sprachkursen und warmer Kleidung müssen wir aber auch geistige Lebensmittel in die Flüchtlingseinrichtungen bringen. Flüchtlinge brauchen soziale Bildungen, Autoritäten, männliche Vorbilder und Begleiter, religiöse Angebote und eine Islamkunde, in der Kritik selbstverständlich ist.

Meine Damen und Herren,
die objektiv beste Lösung der derzeitigen Flüchtlingskrise lautet: Besserer Schutz der EU-Außengrenzen und Bekämpfung von Fluchtursachen.
Somit rückt ein Politbereich vom Rand ins Zentrum des politischen Geschehens, das mir sehr am Herzen liegt: die Entwicklungspolitik. Als Mitglied des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung kann ich nur voller Überzeugung sagen: Wir werden die Situation nur dann meistern, die Flüchtlingszahlen nur dann langfristig reduzieren können, wenn wir die Situation vor Ort in den Ländern verbessern.

Die dramatischen Flüchtlingsströme, die uns fordern und erschüttern, haben nämlich Ursachen und Gründe. Nur innenpolitisch auf die Flüchtlingsströme zu reagieren, löst die Probleme in den Herkunftsländern nicht.

Wer Fluchtursachen bekämpfen will, muss zuerst analysieren, warum Menschen ihre Heimat verlassen. Fluchtursachen? Das sind wohl kaum Selfies mit der Kanzlerin, vielmehr in der Regel die blanke Not und immer die Hoffnung auf ein besseres Leben.

Die „Globalisierung der Gleichgültigkeit“ (Papst Franziskus) gegenüber dem wachsenden Elend ist eine wesentliche Ursache für die Dynamik dieser Entwicklung.Auch jetzt ist die Situation in den Flüchtlingslagern katastrophal, sterben tausende Kinder – ohne dass es uns aufregt! Die Weltgemeinschaft leistet auch jetzt nicht die notwendigen humanen Hilfestellungen – und wundert sich über die Flüchtlingsströme

Die Ursachen von Flucht und Vertreibung sind vielfältig:
• Kriege, militärische Konflikte, Menschenrechtsverletzung und politische Verfolgung.
• Naturkatastrophen wie Überschwemmungen oder Dürre.
• Strukturelle Ursachen: wie schlechte Regierungsführung, Armut, Ressourcenknappheit.

Krone-Ellw-5208So vielfältig die Gründe für eine Flucht sind, so vielfältig ist daher auch der Kampf gegen die Fluchtursachen. Wer nachhaltig und sinnvoll Fluchtursachen bekämpfen will, muss gute Entwicklungspolitik machen – immer und nicht nur in Krisenjahren.

Fakt ist: Den Vereinten Nationen und den entsprechenden Regionalorganisationen kommt bei der Bewältigung der Fluchtursachen natürlich große Bedeutung zu. 193 Staaten haben sich beim UN-Gipfel für nachhaltige Entwicklung in New York auf die Agenda 2030 verpflichtet. Diese Agenda ist ein globaler Plan zur Verringerung von Fluchtursachen. Und wir alle sind Teil dieser Agenda, nicht mehr nur die Entwicklungsländer; alle müssen ihren Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung leisten.

Wir, aber auch die anderen Staaten Europas und die Weltgemeinschaft sind gefordert, unserer Verantwortung für Entwicklung, Stabilität und Sicherheit stärker als bisher nachzukommen.
Wie können die Ursachen dieser Fluchtbewegungen bekämpft werden? Das geht nur lokal, national und international.

Die Bekämpfung von Fluchtursachen ist nur mit einem konzertierten Ineinandergreifen der Politikbereiche und gemeinsam mit den Internationalen Partnern möglich: Diplomatie ist genauso gefragt wie humanitäre Hilfe, Entwicklungszusammenarbeit, Kooperation mit den Sicherheitsorganen oder Demokratisierungshilfe. Wir haben aktuell den höchsten Etat in der Geschichte des BMZ und die höchste Steigerung der ODA-Mittel der Bundesregierung zu verzeichnen. Wir müssen vor Ort investieren, um wirtschaftliche Entwicklung vor Ort zu ermöglichen und damit Perspektiven für die Menschen in den Krisengebieten zu schaffen.

• Die gesamte Entwicklungszusammenarbeit mit einem Etat von 7,4 Milliarden Euro für 2016 arbeitet am Erhalt von Lebensgrundlagen und an der Schaffung von Zukunftsperspektiven.
• Mehr als 1 Mrd. Euro stellt das BMZ für direkte Flüchtlingshilfe zur Verfügung, der Großteil geht in die Nachbarländer Syriens und nach Afrika.
• Mehr als 12 Mrd. Euro fließen in dieser Legislaturperiode in strukturelle Fluchtursachenbekämpfung. Hierzu hat das BMZ drei Sonderinitiativen aufgelegt:
Fluchtursachen bekämpfen – Flüchtlinge reintegrieren“, „Stabilisierung und Entwicklung in Nordafrika und Nahost“ und „EINEWELT ohne Hunger“.

Die Herausforderungen sind mit diesen Sonderinitiativen klar umrissen:
1) Flüchtlinge und aufnehmende Gemeinden müssen unterstützt, strukturelle Fluchtursachen wie Armut, Ungleichheit oder Ernährungsunsicherheit beseitigt werden.
2) Maßnahmen zur Friedenssicherung, zur wirtschaftlichen Stabilisierung und Förderung der Demokratie müssen ergriffen werden. In Ägypten und Tunesien werden z.B. Arbeitsplätze und Ausbildungsmöglichkeiten für Jugendliche geschaffen, um ihnen Zukunftsperspektiven zu eröffnen
3) Hunger und Mangelernährung müssen beseitigt und die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, dass sich die weiter wachsende Weltbevölkerung auch in Zukunft ernähren kann.

Neben diesen Sonderinitiativen kommt ein Infrastrukturprogramm in Nahost, Nordafrika, Westafrika und der Ukraine hinzu, dass mit 1,7 Mrd. Euro bis 2018 Wohnungsbau, Wasser- und Sanitätsversorgung, Schulen, Krankenhäuser und Stromversorgung unterstützt. Und auch das Sonderprogramm „Gesundheit in Afrika“ wurde 2015 mit 55 Mio. Euro auf den Weg gebracht, weitere 600 Mio. Euro werden bis 2019 bereitgestellt.

Die überwältigende Mehrheit der Flüchtlinge sucht Schutz in Nachbarländern, 90 Prozent von ihnen damit in anderen Entwicklungsländern. Deshalb müssen wir die Situation in den Flüchtlingslagern der direkten Nachbarstaaten von Syrien und dem Irak verbessern und die Lage in den Staaten stabilisieren.
Und auch hier ist die Regierung nicht untätig.

Durch die Maßnahmen des BMZ entstehen
• Ausbildungs- und Arbeitsplätze,
• erhalten Kinder in Jordanien, im Libanon und Nordirak anständige Kleidung,
• werden 400.000 Menschen in Mali mit Wasser versorgt,
• erhalten 18.000 Kinder im Libanon psychosoziale Unterstützung,
• wurden 15.000 Menschen im Irak in Beschäftigung gebracht,
• werden 60.000 syrische Kinder im Libanon eingeschult.
Kurzum: Es entstehen neue Lebensperspektiven.

Aber: Während wir Infrastrukturmaßnahmen und Bildung für Flüchtlingskinder in den Lagern finanzieren, herrscht dort Hunger, da die internationale Staatengemeinschaft es nicht für nötig hält, das World Food Program mit ausreichend Mitteln zu versorgen. Die Flüchtlingsversorgung ist um 40 Prozent eingeschränkt worden. Das treibt die Menschen in die Flucht. Und deshalb freue ich mich sehr, dass unsere Bundeskanzlerin sich mit dem britischen Premier David Cameron dafür einsetzen will, die finanziellen Mittel für die Flüchtlingshilfe aufzustocken. Denn: Mit einer Milliarde Euro in den Krisengebieten können wir mehr bewegen als mit zehn Milliarden Euro hier.

Ich will nicht beides gegeneinander ausspielen. Die Hilfe hier ist notwendig; aber mit 1.000 Euro kann das Überleben einer Flüchtlingsfamilie im jordanisch-syrischen Grenzgebiet ein Jahr lang gesichert werden, während dafür hier der zehn-, 15- oder 20-fache Ansatz erforderlich ist. Die Menschen aus den Krisengebieten wollen eigentlich nicht hierherkommen. Sie müssen mit ihren Familien hierherkommen, aus Not und Elend heraus, um zu überleben. Sie würden, wenn es denn möglich wäre, viel lieber vor Ort bleiben.

Meine Damen und Herren,
nicht das Mittelmeer ist für die Flüchtlinge das größte Hindernis auf ihrem Weg nach Europa. Es ist weiterhin die Sahara.

Vor Jahren hat der damalige Bundespräsident Horst Köhler aufgrund seiner vielfältigen Erfahrungen schon formuliert, dass Afrika die Schicksalsfrage für Europa wird. Der afrikanische Kontinent wird sich bis 2050 bevölkerungsmäßig verdoppeln. Es werden zwei Milliarden Babys geboren, zwei Milliarden Kinder in den nächsten 30 bis 40 Jahren! Diese Kinder brauchen später Arbeit, sie brauchen eine Zukunft. Ansonsten machen auch sie sich später auf über das Mittelmeer nach Deutschland, nach Europa.

Deshalb muss die Devise für Afrika lauten: Ausbildung, Ausbildung, Ausbildung. Dies muss und wird der Schwerpunkt in den nächsten Jahren sein. Afrikas Jugend braucht eine Perspektive auch in ihrer Heimat, eine Lebensperspektive. Die Dynamik des afrikanischen Kontinents ist auch eine große Chance. Europa muss – dies ist auch ein konzeptioneller Vorschlag – dabei insbesondere den Blick auf die nordafrikanischen Staaten richten. Die Länder Afrikas brauchen den Zugang zu europäischen Märkten. Sie brauchen deutsche, europäische Investoren. 500.000 deutsche Unternehmen sind in der Welt engagiert, davon nur 1.000 in Afrika. Das muss geändert wer-den. Dazu benötigen wir auch neue Instrumente im steuerlichen Bereich, im Abschreibungsbereich, um Investments zu fördern. Diese Anreize müssen wir entwickeln.

Fluchtursachen bekämpfen heißt, Friedenspolitik fördern, gerechte wirtschaftliche Entwicklungen ermöglichen, den Klimawandel bekämpfen, den eigenen Ressourcen-Verbrauch einschränken und und und.

Der Fortgang der Geschehnisse im anfangs erwähnten Film „Der Marsch“ ist übrigens so ausweglos wie prophetisch. Letzte Szene: Die Waffen der Soldaten richten sich auf die Ankömmlinge
Im Film bleibt das weitere Schicksal der Afrikaner am Ende offen. Und in der Realität? Das haben wir jetzt in der Hand.

Krone-Ellw-5168Franz Josef Strauß hat formuliert: “Bayern ist unsere Heimat, Deutschland unser Vaterland, Europa unsere Zukunft”. Die europäische Einigung ist für Deutschland und die Rolle Europas in der Welt unverändert wichtig. Deshalb beunruhigt mich sehr, wie rasch angesichts der schwierigen Situation und der schmerzlichen Erfahrungen mit Europa nicht wenige die Bedeutung und die Zu-kunft der Europäischen Union schnell zur Disposition stellen.

Deutschland ist in den letzten Jahren in der Europäischen Union eine Führungsrolle zugewachsen, wie es in der Geschichte der EU noch nie war und auch noch nie erwünscht war. Aus der früher gefürchteten Dominanz Deutschlands ist die Erwartung an die Führungsrolle geworden.

Allein der Gedanke, dass die deutsche Politik in dieser Rolle ausfallen würde, macht schlagartig deutlich, wie führungslos Europa dann wäre. Mit kaum vorstellbaren Konsequenzen. Dies hat sich schon in den Krisen der letzten Jahre, Finanzkrise, Euro-Krise, Stabilisierung von Mitgliedsländern durch Finanzhilfen, gezeigt. Mit dem Zustrom an Flüchtlingen ist dies nochmal schwieriger und anspruchsvoller geworden.

Meine Damen und Herren,
entscheidend werden die EU-Gipfel im Februar und März sein. Dort wird sich herausstellen, ob es noch eine Chance gibt, zu Kontingentlösungen von Flüchtlingen in Europa zu kommen. Wenn hier keine Lösungen erreichten werden, dann, meine Damen und Herren, wäre dies eine Bankrotterklärung für die Europäische Union, für die Europäische Idee.”

Meine Rede am 06.11.2015 zum Tagesordnungspunkt “Regelung der Sterbebegleitung”

Anrede,

wie Sie wissen, habe ich mit meinen Bundestagskollegen Michael Brand, Kerstin Griese und Michael Frieser einen der Gesetzentwürfe zum Thema Sterbehilfe verfasst. Unser Gesetzesentwurf sieht dabei die Einführung der Strafbarkeit für geschäftsmäßige, auf Wiederholung angelegte Förderung zum assistierten Suizid vor.

Wir haben in den vergangenen Monaten mit Unterstützung sachkundiger Expertinnen und Experten diesen Gesetzentwurf erarbeitet, der in moderater Weise das Thema Suizidbeihilfe regelt. Unser Gruppenantrag beinhaltet, im Gegensatz zu Entwürfen anderer Gruppen, weder weitreichende neue Strafbarkeiten wie ein Totalverbot noch lässt er eine Öffnungsklausel für eine Ausweitung des ärztlich assistierten Suizids zu. Wir glauben, damit den Erfordernissen eines ausgewogenen Entwurfs gerecht geworden zu sein.

Wir wollen nicht, dass Suizidhilfe zu einem normalen Dienstleistungsangebot wird, dass gleichberechtigt neben anderen besteht. Wir befürchten, dass dadurch der Druck auf ältere, kranke, behinderte oder pflegebedürftige Menschen steigen wird, diese Angebote auch in Anspruch zu nehmen. Oder dass die Betroffenen selbst aus falsch verstandener Rücksichtnahme gegenüber ihren Familien zu dieser Option greifen. Darüber hinaus sollen alte, kranke und behinderte Menschen nicht das Gefühl vermittelt bekommen, dass sie in unserer Gesellschaft nicht mehr erwünscht sind und das Suizid eine schnelle Lösung des Problems sei.

Unser Entwurf berücksichtigt aber andererseits auch Konfliktlagen von Familienangehörigen und Ärzten, die mit schrecklichem Leid konfrontiert werden und sich im Einzelfall nicht anders zu helfen wussten, als dem Wunsch des Sterbenden nach Unterstützung bei der Selbsttötung nachzukommen, indem die Beihilfe zur Selbsttötung ebenfalls straffrei bleibt. Das allein wird dem Vertrauensverhältnis des leidenden Patienten zum behandelnden Arzt sowie zu Angehörigen und Freunden gerecht. Eine Einschränkung durch formalisierte Verfahren, gleichgültig, in welchem Rechtsgebiet sie geregelt sind, entspricht nach meiner Auffassung nicht einem humanen Umgang mit schwer leidenden Menschen.

Meine Damen und Herren,
die Anhörung zu den Gesetzentwürfen zur Sterbebegleitung im Rechtsausschuss mit Experten aus Recht, Ethik und Medizin hat erfreulicherweise sehr konkrete Klä-rungen in komplexen Fragestellungen ergeben. Vor allem hat die Anhörung am 23. September eines erbracht: Der von mir und meinen Kollegen Brand/Griese eingebrachte Gesetzentwurf wurde auch in den zentralen Punkten bestätigt – er ist juristisch solide, insbesondere verfassungsgemäß, und ethisch wie medizinisch angemessen.

Dies betrifft vor allem den zentralen Punkt, dass Ärzte nach dem Gesetzentwurf und seiner Definition von Geschäftsmäßigkeit nicht vom Strafrecht bedroht sind, wenn sie ihrer verantwortungsvollen ärztlichen Tätigkeit auch in den Grenzfällen zwischen Leben und Tod nachgehen.

So hat die Sachverständige und frühere Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof, Prof. Dr. Ruth Rissing-van Saan, überzeugend dargelegt, dass der Begriff der Geschäftsmäßigkeit – ich zitiere – “in unserer Rechtsordnung ein gängiger und von der Rechtsprechung stets im selben Sinn verwendeter Begriff (ist), der auf Wiederholung angelegte Tätigkeiten oder Verhaltensweisen kennzeichnet, die nicht auf Gewinnerzielung ausgerichtet sein müssen. Das wird in der Begründung dieses Gesetzentwurfs ausführlich und erschöpfend dargelegt”. Etwaigen Unterstellungen, behandelnde Ärzte würden hier generell oder regelmäßig in strafrechtliche Konflikte gebracht, widersprach Rissing-van Saan deutlich, Zitat: “Die Gefahr, dass medizinische, insbesondere palliativ-medizinische Behand-lungen zur Heilung oder Leidenslinderung von den genannten tatbestandsmäßi-gen Verhaltensweisen nicht in genügender Deutlichkeit unterschieden werden könnten, besteht nicht.”

Starke Unterstützung kommt nach der Anhörung auch weiterhin von der Ärzteschaft: “Der Entwurf sieht ein klares Verbot von Sterbehilfeorganisationen vor, ver-zichtet aber auf weitere gesetzliche Regelungen”, schreibt die Bundesärztekammer und betont, “dass es die Aufgabe von Ärzten ist, Hilfe beim Sterben zu leisten, aber nicht Hilfe zum Sterben”. Der Präsident der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Mon-tgomery, hat in dieser Woche noch einmal in einem Brief an alle Abgeordnete des Deutschen Bundestags deutlich betont – ich zitiere: „Es wird behauptet, der Gesetzentwurf Brand/Griese, kriminalisiere die Ärzte. Dies ist nicht wahr. Nach eingehen-der inhaltlicher und rechtlicher Prüfung kann die Bundesärztekammer keine Gefahr der Kriminalisierung der Ärzteschaft erkennen. Dieses Argument dient ausschließlich der Verunsicherung der Abgeordneten (und auch einiger Ärzte).“

Meine Damen und Herren,
zu den bitteren Wirklichkeiten gehört aber auch, dass unendlich viele Menschen in unserem Land unnötig viel leiden müssen, weil die heutigen Möglichkeiten der Pal-liativmedizin und der entsprechenden pflegerische Begleitung nicht entsprechend zur Verfügung stehen. Das ist das Ergebnis von Verdrängung, von Ignoranz und von falschen Prioritätensetzungen im Einsatz der vorhandenen Mittel. Die überzeu-gende Antwort kann nur heißen, konsequenter Ausbau der Strukturen und Ange-bote von Palliativmedizin. Die Palliativmedizin muss aus ihrer Randexistenz in das Zentrum der Gesundheitspolitik! Der Ausbau eines flächendeckenden Netzwerkes ambulanter und stationärer Dienste ist möglich. Dafür braucht es die entsprechenden rechtlichen und finanziellen Bedingungen. Hier haben wir gestern im Plenum mit der Verabschiedung des Hospiz- und Palliativgesetzes einen wichtigen Schritt getan. Mein Dank geht vor allem an unseren Bundesgesundheitsminister Herman Gröhe für seine unermüdliche Arbeit.

Meine Damen und Herren,
Sterben muss jeder von uns alleine. Als Gesellschaft sind wir aber verantwortlich dafür, unter welchen Bedingungen Menschen sterben: alleine oder liebevoll begleitet; schwer leidend oder optimal palliativ versorgt. Wenn aber Beihilfe zum Suizid erstmal zum Standardrepertoire bei uns gehört, muss ich mich entscheiden, dann bin ich nicht mehr frei, mich nicht zu dieser Option zu verhalten. So eine Situation möchte ich für unser Land verhindern.

Namhafte Pro-Suizidbeihilfe-Politiker haben in den vergangenen Tagen verlauten lassen, keine Regelung wäre besser als unsere, nämlich das Verbot geschäftsmäßiger Suizidassistenz. Da kann man nur fassungslos fragen: Wie bitte? Nichts tun ist keine Option. Denn dann hätten organisierte Sterbehelfer leichteres Spiel denn je.

Wir haben uns bei der Erarbeitung des Gesetzentwurfs von folgender Aussage leiten lassen: Eine Gesellschaft mit menschlichem Gesicht muss Menschen in Not einen menschlichen Ausweg anbieten, keinen technischen.

Ich bitte deshalb um eine breite Unterstützung unseres Antrages. Vielen Dank!

Die wichtigsten Fragen und Antworten zu unserem Gesetzentwurf zur Sterbehilfe

Die Anhörung zu den Gesetzentwürfen zur Sterbebegleitung im Rechtsausschuss mit Experten aus Recht, Ethik und Medizin hat erfreulicherweise sehr konkrete Klärungen in komplexen Fragestellungen ergeben. Vor allem hat die Anhörung am 23. September eines erbracht: Der von mir und meinen Kollegen Brand/Griese eingebrachte Gesetzentwurf wurde auch in den zentralen Punkten bestätigt – er ist juristisch solide, insbesondere verfassungsgemäß, und ethisch wie medizinisch angemessen.

Dies betrifft vor allem den zentralen Punkt, dass Ärzte nach dem Gesetzentwurf und seiner Definition von Geschäftsmäßigkeit nicht vom Strafrecht bedroht sind, wenn sie ihrer verantwortungsvollen ärztlichen Tätigkeit auch in den Grenzfällen zwischen Leben und Tod nachgehen.

So hat die Sachverständige und frühere Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof, Prof. Dr. Ruth Rissing-van Saan, überzeugend dargelegt, dass der Begriff der Geschäftsmäßigkeit “in unserer Rechtsordnung ein gängiger und von der Rechtsprechung stets im selben Sinn verwendeter Begriff (ist), der auf Wiederholung angelegte Tätigkeiten oder Verhaltensweisen kennzeichnet, die nicht auf Gewinnerzielung ausgerichtet sein müssen. Das wird in der Begründung dieses Gesetzentwurfs ausführlich und erschöpfend dargelegt”. Etwaigen Unterstellungen, behandelnde Ärzte würden hier generell oder regelmäßig in strafrechtliche Konflikte gebracht, widersprach Rissing-van Saan deutlich: “Die Gefahr, dass medizinische, insbesondere palliativ-medizinische Behandlungen zur Heilung oder Leidenslinderung von den genannten tatbestandsmäßigen Verhaltensweisen nicht in genügender Deutlichkeit unterschieden werden könnten, besteht nicht.”

Starke Unterstützung kommt nach der Anhörung auch weiterhin von der Ärzteschaft: “Der Entwurf sieht ein klares Verbot von Sterbehilfeorganisationen vor, verzichtet aber auf weitere gesetzliche Regelungen”, schreibt die Bundesärztekammer und betont, “dass es die Aufgabe von Ärzten ist, Hilfe beim Sterben zu leisten, aber nicht Hilfe zum Sterben”.

Der Onkologe und Palliativmediziner PD Dr. med. Stephan Sahm beschrieb aus seiner langjährigen beruflichen Praxis sowie vor dem Hintergrund der Entwicklung in Nachbarländern die Konsequenzen, wenn Suizidassistenz in Deutschland zu einem Dienstleistungsangebot neben anderen gemacht würde: “Suizidassistenz stellt aufgrund der Ergebnisse der Suizidforschung, der empirischen Daten aus Ländern, in denen sie legale und gesellschaftlich akzeptierte Praxis ist, eine Gefährdung von suizidsensiblen Personen und Patienten dar. Sie ist daher aus medizinethischer und medizinpraktischer Sicht und aus Sicht der Suizidforschung zurückzuweisen. Anzustreben ist eine Regelung die Suizidassistenz in geschäftsmäßiger, auf Wiederholung angelegter Form untersagt.”

Der frühere EKD-Ratsvorsitzende Prof. Dr. Wolfgang Huber hat in der Anhörung die Abgeordneten zu einem maßvollen gesetzgeberischen Eingreifen aufgefordert und unseren Gesetzentwurf explizit unterstützt: “Der Bundestag sollte sich wieder auf den Ausgangspunkt konzentrieren, der das Gesetzgebungsverfahren in dieser Frage ausgelöst hat. Gesetzgeberischer Handlungsbedarf ist dadurch entstanden, dass sich Anbieter in Deutschland etablieren, die geschäftsmäßig für Suizidassistenz werben und damit den Suizid fördern. Das hat Auswirkungen, die mit den Erkenntnissen der Suizidforschung unvereinbar sind. Der Suizidwunsch wird nicht mehr als Appell an mitmenschliche Hilfe zum Leben, sondern als Bitte um Hilfe beim Sterben verstanden. (…) Ein Verbot der geschäftsmäßigen Suizidassistenz ist noch aus einem anderen Grund notwendig. Denn durch sie wächst der Druck, zur Selbsttötung bereit zu sein, wenn die Belastung von Angehörigen durch eine schwere Erkrankung zu groß wird. Die Tür, die im Namen der Selbstbestimmung des Patienten geöffnet wird, führt zu offener oder versteckter Fremdbestimmung. Ein strafrechtlich sanktioniertes Verbot der geschäftsmäßigen Suizidassistenz ist deshalb nicht ein Eingriff in die Selbstbestimmung des Patienten, sondern ein angemessener Schutz vor falschen Anreizen und bedrohlichem Druck.”

Die wichtigsten Fragen und Antworten zu unserem Gesetzentwurf im Überblick:

Was bedeutet “geschäftsmäßige Förderung des Suizids”?
Geschäftsmäßig im Sinne des vorgeschlagenen Gesetzentwurfes meint eine wiederholte bzw. nachhaltige Tätigkeit. Auf die Gewinnerzielungsabsicht kommt es nicht an. Das ist der zentrale Unterschied zu “gewerbsmäßig”. Grundsätzlich reicht ein erst- und einmaliges Angebot nicht, es sei denn, es stellt den Beginn einer auf Fortsetzung angelegten Tätigkeit dar. Erfasst wird auch eine planmäßige Betätigung in Form eines regelmäßigen Angebotes. Geschäftsmäßig im Sinne der Vorschrift handelt daher, wer die Gewährung, Verschaffung oder Vermittlung der Gelegenheit zur Selbsttötung zu einem dauernden oder wiederkehrenden Bestandteil seiner Tätigkeit macht, unabhängig von einem Zusammenhang mit einer wirtschaftlichen oder beruflichen Tätigkeit.

Was bedeutet Absicht?
Laut unserem Gesetzentwurf soll bestraft werden, wer jemandem in der Absicht, dessen Selbsttötung zu fördern, hierzu geschäftsmäßig die Gelegenheit gewährt, verschafft oder vermittelt. Absicht im juristischen Sinn heißt “Wissen und Wollen”. Ein “in Kauf nehmen” des Suizids des Dritten durch die Gewährung, Verschaffung oder Vermittlung, (in der Juristensprache “dolus evenatualis”), reicht dafür nicht aus.

Warum brauchen wir ein gesetzliche Änderung?
Wiederholte und regelmäßige Angebote für Suizidbeihilfe gefährden die autonome Entscheidung Betroffener. Durch solche Angebote entsteht ein Gewöhnungseffekt, ein Markt, der auch immer angebotsgetrieben ist. Es besteht die Gefahr, dass als “normal” angesehen wird, am Ende des Lebens niemandem auf der Tasche liegen zu wollen und deshalb den Suizid zu wählen. Eine autonome Entscheidung verlangt aber, frei von einem Verwertungsdruck entscheiden zu können. Daher soll ein solches Dienstleistungsangebot verhindert werden.

Wer macht sich strafbar?
Strafbar machen sich etwa Personen, die als Vereinsvorstände die regelmäßige Tätigkeit ihres Vereins darauf anlegen, Menschen für den Fall eines beabsichtigten Suizides ein tödlich wirkendes Gift zu beschaffen oder die Durchführung des Suizids in ihren Räumen anzubieten. Auch jemand, der wiederholt Suizidwillige über Methoden des Suizids und die Beschaffung der dazu erforderlichen Mittel berät, könnte mit diesem Gesetz bestraft werden, wenn er/sie damit absichtlich den Suizid fördert.

Wird Beihilfe zum Suizid damit strafbar?
Suizid ist seit 1871 in Deutschland keine Straftat mehr und das soll auch so bleiben. Deswegen kann auch die Beihilfe zum Suizid nicht bestraft werden. Der Gesetzentwurf will das auch nicht. Personen, die nicht beabsichtigen, die Förderung des Suizids geschäftsmäßig auszuüben, also zu einer regelmäßig wiederkehrenden Tätigkeit zu machen, brauchen mit diesem Gesetzentwurf keine Bestrafung zu fürchten.

Warum nicht “gewerbsmäßig”?
Der Begriff “gewerbsmäßig” bietet zu viele Schlupflöcher. Bei “geschäftsmäßig” hingegen kommt es nicht auf die offensichtliche Gewinnerzielungsabsicht an.

Was ist mit ÄrztInnen, etwa in Hospizen und Palliativstationen?
ÄrztInnen in der Palliativmedizin leisten keine Sterbehilfe, sondern therapieren palliativ. Das heißt, sie erleichtern Schwerkranken die letzte Lebensphase, indem sie Schmerzen oder Atemnot lindern und andere Symptome, unter denen die PatientInnen leiden bekämpfen. Damit gelingt es in den meisten Fällen, den Menschen Lebensqualität und Lebenswillen auch am Ende des Wegs zurückzugeben. Für die Akzeptanz der Palliativmedizin in der Gesellschaft und für das Vertrauen der PatientInnen und Angehörigen ist es zentral, dass die inhaltliche Trennung zwischen Palliativmedizin und Suizidassistenz erhalten bleibt. Deswegen halten es die PalliativmedizinerInnen mehrheitlich für richtig, dass die geschäftsmäßige Förderung des Suizids verboten wird. ÄrztInnen handeln nicht mit dem Wissen und Wollen den Suizid eines Dritten zu fördern. Die Inkaufnahme eines eventuellen früheren Todes durch die Verabreichung hoch wirksamer Medikamente ist klar unterschieden von der Förderung des Suizids, denn das Ziel dieser Behandlung ist die Linderung der Symptome, nicht das (frühere) Ableben des Patienten/der Patientin.

Müssen ÄrztInnen mit diesem Gesetz PatientInnen am Lebensende weiterbehandeln, auch wenn diese es nicht wollen?
Nein. Jede medizinische Behandlung ohne Zustimmung des Betroffenen ist Körperverletzung und damit eine Straftat. Niemand darf Menschen zwingen sich gegen ihren Willen behandeln zu lassen.

Dürfen Ärztinnen und Ärzte, Pflegekräfte oder SozialarbeiterInnen Sterbewilligen nicht mehr helfen?
Doch. Dieser Gesetzentwurf ist kein Sondergesetz für Ärztinnen und Ärzte oder andere Berufsgruppen. Solange sie dies nicht zu einem regulären Bestandteil ihrer Tätigkeit machen, d.h. solange sie nicht mit Wissen und Wollen wiederkehrend den Suizid Dritter fördern, dürfen auch Angehörige der o.g. Berufe Menschen beim Suizid unterstützen. Es bleibt ihre individuelle Gewissensentscheidung im Einzelfall.

Was ist mit Angehörigen, FreundInnen, NachbarInnen?
Da Angehörige in der Regel nicht in die Situation kommen, eine Suizidbeihilfe zu wiederholen und es ganz gewiss nicht auf eine Wiederholung anlegen, sind sie durch dieses Gesetz nicht betroffen.

Warum wird nicht zwischen tödlich erkrankten und anderen Menschen unterschieden?
Wenn man eine Regelung zur Suizidbeihilfe trifft, die diesen Unterschied macht, greift der Gesetzgeber tief in die persönliche Autonomie von Menschen ein. Wenn jemand, der tödlich erkrankt ist, Zugang zu Suizidbeihilfe erhält, dann könnten auch andere Menschen unter Berufung auf den Gleichbehandlungsgrundsatz für sich das “Recht” auf Suizidbeihilfe einklagen.
Außerdem sind wir der Auffassung, dass Kriterienkataloge dieser Art immer Gefahr laufen, von außen eine Lebenswertentscheidung zu treffen. Das steht dem Staat aber nicht zu.

Was ist mit Menschen mit Demenz?
Menschen mit fortgeschrittener Demenz oder mit geistiger Behinderung, die keine freiverantwortlichen Entscheidungen treffen können, sowie Minderjährigen darf man auf keinen Fall Mittel zur Selbsttötung verschaffen. Das ist aber auch schon heute so und es gibt keinen Gesetzentwurf, der das ändern will.

Warum wird nicht das Problem angegangen, dass ÄrztInnen in verschiedenen Bundesländern unterschiedlichen Standesregeln unterworfen sind?
Das Standesrecht wird von den Landesärztekammern beschlossen. Das Land greift nur ein bzw. genehmigt es nicht, wenn das Standesrecht mit dem Landesrecht in Konflikt kommt. Da die Ärztekammern föderal organisiert sind, ist eine bundeseinheitliche Lösung schwierig umzusetzen, es gibt hiergegen ernsthafte verfassungsrechtliche Bedenken.

Buchpräsentation “Sterben dürfen? Sterben helfen?”

Zwei Tage vor der öffentlichen Anhörung zum Thema Sterbehilfe im Deutschen Bundestag hat der Bonifatius Verlag das Buch “Sterben dürfen?“ Sterben helfen?” in Berlin vorgestellt. “Es ist ein Buch zur Orientierung in einer zentralen gesellschaftlichen Frage geworden”, betonte die Herausgeberin Claudia Lücking-Michel bei der Präsentation.

So beinhaltet das 200 Seiten starke Buch ganz unterschiedliche Ansätze und Zugänge zur schwierigen Thematik Suizidbeihilfe. Lücking-Michel sprach von einem “fairen Wettstreit der Argumente” und verwies auf die prominenten Autoren aus Politik, Medizin, Justiz und Theologie. Das Werk versammelt persönliche und kontroverse Beiträge von u.a. Tilman Jens, Sylvia Löhrmann, Dietmar Mieth, Michael Brand und Michael de Ridder. Der bei der Buchpräsentation anwesende Autor Andreas Lob-Hüdepohl sprach von einem „sehr ehrlichen Buch“, welches die “Streitigkeit des heiklen Themas” dokumentiere.

Das Buch basiert auf einer Tagung der Gemeinschaft Katholischer Männer und Frauen (KMF) und dem Katholischen Deutschen Frauenbund (KDFB), die im Mai 2015 zum Thema Sterbehilfe in Köln stattfand. “Es ist wunderbar, dass die mehrtägige und hochkarätig besetzte Tagung nun in diesem Werk Niederschlag findet”, sagte der KMF-Geschäftsführer Franziskus Siepmann. “Sterbehilfe ist zwar kein Tabuthema mehr, trotzdem beschäftigen sich viele Menschen nur ungern mit der Thematik”, erklärte Michael Ernst, zuständiger Lektor im Bonifatius Verlag. Gerade deshalb sei das Buch eine lohnende Lektüre, die Orientierung schaffe und eine gut begründete Meinungsbildung ermögliche.

“Unser Auftrag ist es, Diskussion, Meinungsbildung und Positionsfindungen anzuregen und dann als Einzelne wie als Verbände in die Gesellschaft und auf den Gesetzgebungsprozess einzuwirken”, sagte Lücking-Michel, die als Mitglied des Deutsches Bundestags in den vergangenen Monaten an einem Gesetzesentwurf gearbeitet hat, der organisierte, genauer geschäftsmäßige Formen der Suizidbeihilfe unter Strafe stellt.

Buch

Stellten das Werk in Berlin vor: KDFB-Präsidentin Maria Flachsbarth, Autor Andreas Lob-Hüdepohl, KMF-Geschäftsführer Franziskus Siepmann, KMF-Leiterin und Herausgeberin Claudia Lücking-Michel sowie Lektor Michael Ernst (v.l.).

Aus dem Kölner Stadtanzeiger (16. Mai 2015): Druck zur Selbst-Entsorgung auf Kranke

Natürlich bin ich durch meinen christlichen Glauben geprägt. Aber dies ist nicht der einzige Grund, warum ich seit Monaten mit meinen Bundestagskollegen an einem Gesetzesentwurf arbeite, der ein umfassendes Sterbehilfeverbot fordert. Ich sehe vielmehr die Verpflichtung für jede Gesellschaft, sich für die Wehrlosen und Schwachen ganz besonders einzusetzen.

Im Artikel 1 unseres Grundgesetzes steht: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ Dieser Leitsatz ist unser gemeinsamer Auftrag für alle Situationen menschlichen Lebens, der unverzichtbare Kompass für eine menschenwürdige Zukunft. Dieser Satz schließt auch kategorisch aus, das Schicksal eines Menschen unter Nützlichkeitsaspekten zu betrachten.

Wenn Beihilfe zum Suizid aber zuerst ein legales, scheinbar „normales“ Angebot würde, dann sehe ich die Gefahr, dass sich ältere oder lebensbedrohlich erkrankte Menschen unter ökonomischen und psychosozialen Druck gesetzt fühlen. Manche werden sich dann mit Rücksicht auf die Angehörigen fast verpflichtet fühlen, sich zu „entsorgen“. Die Tür für organisierte Sterbehilfe zu öffnen, bedeutet so, die Schutzbedürftigsten womöglich über eine Schwelle zu drängen, die sie selbst gar nicht überschreiten wollten. Das wäre dann das glatte Gegenteil von Selbstbestimmung bis zum Tode.

Für Ärzte muss – wie für alle anderen Menschen – einerseits weiterhin gelten, dass Beihilfe zum Suizid so lange keine strafrechtlichen Konsequenzen hat, wie sie nicht geschäftsmäßig und organisiert betrieben wird. Andererseits lässt sich ärztliche Beihilfe nicht mit dem Hippokratischen Eid und dem ärztlichen Berufsethos vereinbaren. Die Bundesärztekammer formuliert das zutreffend: Ärzte sind Sterbebegleiter, keine Sterbehelfer.

Viele Menschen fordern deshalb einen Zugang zu Sterbehilfe, weil sie Angst vor zu großen Schmerzen haben, vor einem als unwürdig empfundenen Ende, vor Einsamkeit und Leid. Deshalb gehören das Verbot der organisierten Beihilfe zum Suizid und der umfassende Ausbau palliativer Versorgung untrennbar zusammen!

Griechenland: Verlängerung der Stabilitätshilfe

Heute, 27. Februar 2015, hat der Deutsche Bundestag die Verlängerung der bestehenden Finanzhilfen zugunsten Griechenlands beschlossen. Dazu erkläre ich:

Mit dem Beschluss, den ich bei der Abstimmung im Bundestag heute unterstützt habe, wird die Frist für Griechenland, die im Rettungsprogramm vereinbarten Reformen umzusetzen, um weitere vier Monate verlängert. Bis dahin werden keine weiteren Finanzhilfen an Griechenland gewährt. Die letzte im Programm vorgesehene Hilfstranche von 3,7 Milliarden Euro (1,8 Mrd. Euro EFSF-Mittel und 1,9 Mrd. Euro aus den Zinsgewinnen des Rettungsschirms) wird weiterhin nicht ausgezahlt, bis die Troika zu einer positiven Bewertung der Reformbemühungen in Griechenland kommt. Erfüllt die griechische Regierung diese Anforderung bis Ende Juni 2015 nicht, wird es keine letzte Hilfstranche geben.

Den letzten Ausschlag für eine Zustimmung gibt für mich die strategische Dimension des Zusammenhaltens der Europäischen Union angesichts der bedrohlichen Entwicklungen im Osten Europas. Unser Mittel gegen die russische Aggression gegenüber der Ukraine ist das Zusammenstehen von Europäischer Union und NATO.

Im Einzelnen lasse ich mich bei meiner Entscheidung von folgenden Überlegungen leiten:

Wie in Irland, Portugal und Spanien funktioniert das Konzept der Euro-Rettung, das auf Konsolidierung der Staatsfinanzen, gepaart mit Hilfen an Länder in Schwierigkeiten setzt, bisher auch in Griechenland. Zwar ist die wirtschaftliche Lage dort nach wie vor angespannt, doch die dem Rettungspaket zugrunde liegenden Annahmen über die Entwicklung Griechenlands im Zeitverlauf waren bisher erfüllt. Es gibt keinen Anlass, an der Funktionsfähigkeit des Rettungskonzepts zu zweifeln.

Das Problem ist politischer Natur: Die neue griechische Regierung, die sich auf Linke und Rechtspopulisten stützt, hatte im Wahlkampf und danach ihrerseits einseitig den Ausstieg aus der Konsolidierungspolitik und den Bruch der Vereinbarungen mit der Euro-Gruppe angedroht.

Die klare Haltung des deutschen Finanzministers Dr. Wolfgang Schäuble und die Geschlossenheit der übrigen Mitglieder der Euro-Gruppe, die Prinzipien der Euro-Rettung nicht aufzugeben und an der Kombination von Hilfen und Reformen unverändert festzuhalten, hat sich aber am Ende durchgesetzt, auch wenn die griechische Regierung dies gegenüber ihren Wählern anders darstellt. Von den Ankündigungen der griechischen Regierung gegenüber den Wählern im eigenen Lande ist der Beschluss weit entfernt:

– Von einem Ausstieg aus der Reformpolitik ist keine Rede mehr. Vielmehr hat die griechische Regierung bekräftigt, die Reformen umsetzen zu wollen. Die Pläne der erheblichen Ausgabensteigerung werden dort nicht weiter verfolgt; auch zu massenhaften Neueinstellungen im Staatsdienst soll es nicht kommen. Die Privatisierungen werden fortgesetzt. Die Euro-Gruppe hat der griechischen Regierung lediglich zugebilligt, bis April Vorschläge zur Modifikation des Programms zu unterbreiten. Unter dem Strich dürfen die Konsolidierungsziele nicht in Frage gestellt werden.

– Auch eine Reduzierung der Schulden oder gar eine Verweigerung der Bedienung dieser Schulden ist vom Tisch. Angesichts der extrem niedrigen Zinsen, die Griechenland für die Hilfen aus dem Euro-Rettungsschirm zahlt, wäre eine solche Entscheidung für Griechenland fatal, würde sie doch die Glaubwürdigkeit des Schuldners Griechenland nachhaltig erschüttern. Nicht weniger, sondern mehr Zinszahlungen wären die Folge.

– Die Kontrollinstitutionen des Rettungsschirms werden ihrer Aufgabe in Griechenland weiter nachkommen und alle notwendigen Informationen beschaffen, die erforderlich sind, um die Umsetzung des Programms richtig zu bewerten. Das Dreier-Team aus Internationalem Währungsfonds (IWF), Europäischer Zentralbank (EZB) und Europäischer Kommission wird auf Wunsch der griechischen Regierung nun nicht mehr Troika genannt werden.

Wenn die griechische Regierung zu ihren Zusagen steht und entsprechende Entschlossenheit bei der Umsetzung vorausgesetzt, kann sich die Situation positiv entwickeln.

Über das, was die Prüfungen der Troika ergeben und was dann nach Ablauf der neuen Frist Ende Juni geschieht, kann nur spekuliert werden. Im günstigen Fall erfüllt Griechenland innerhalb der jetzt zu verlängernden Frist das Programm. Dann ist zu prüfen, wie der ursprüngliche Plan der umgehenden Rückkehr Griechenlands an den privaten Kapitalmarkt verwirklicht werden kann. Der Bundestag hat den deutschen Finanzminister bereits Ende 2014 ermächtigt, in Gespräche darüber einzutreten, wie die zukünftige Verschuldung Griechenlands am privaten Kapitalmarkt gegebenenfalls durch flankierende Maßnahmen der Euro-Gruppe und des IWF sichergestellt werden kann. Die Gefahr eines Ausstiegs Griechenlands aus dem Euro wäre damit zunächst abgewendet. Über die Situation im Juni werden wir allerdings zu gegebener Zeit entscheiden müssen.

Der so genannte “Grexit” würde Griechenland umgekehrt vor enorme Probleme stellen. Der Zugang zur international geachteten Währung Euro wäre versperrt, die Akzeptanz der dann unvermeidlichen griechischen Alternativwährung wäre nur schwer durchzusetzen. Wer in Griechenland über Euro verfügt, würde massiv profitieren, wer keine Euros hat, würde verarmen. Ein Ausstieg Griechenlands würde aber auch für die gesamte Währungsunion deutliche Konsequenzen haben.

Allein die Abwehr dieser drohenden dramatischen Spaltung der griechischen Bevölkerung und der europäischen Währungsunion, gerade in politisch krisenhaften Zeiten, rechtfertigt meines Erachtens die jetzigen Anstrengungen, Griechenland in der Euro-Zone zu halten und hat mich bewogen, einer Fristverlängerung um vier Monate zuzustimmen.

Claudia Lücking-Michel: “Rassenhass und Fundamentalismus entschieden entgegentreten”

Anlässlich des Jahrestages des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus am 27. Januar 2015 betont die Bonner CDU-Bundestagsabgeordnete Dr. Claudia Lücking-Michel:

“Deutschland ist eine starke Demokratie. Die Grundwerte Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität sind im Denken und Handeln der Deutschen Bevölkerung fest verwurzelt. Dies ist jedoch gewiss keine Selbstverständlichkeit. Daher ist es unsere bleibende Aufgabe, jeden Tag aufs Neue dafür zu kämpfen und einzustehen. Dazu verpflichten uns die Opfer des Nationalsozialismus, ihre Angehörigen und Nachkommen. Wir wollen Lehren aus der Vergangenheit ziehen, die uns heute und auch künftigen Generationen Orientierung sind. Wir haben in den letzten Wochen und Monaten gesehen, wie schnell Antisemitismus, Rassenhass und Fundamentalismus auch bei uns in Deutschland wieder auf den Straßen entstehen kann. Als Erben unserer Geschichte müssen wir solchen Entwicklungen entgegentreten, mit unserem Demokratieverständnis und Grundwerten.”

Auch dieses Jahr findet im Deutschen Bundestag am 27. Januar ab 9 Uhr eine Gedenkstunde statt. Bundespräsident Joachim Gauck wird Gastredner im Plenarsaal sein. Darüber hinaus werden anlässlich des 70. Jahrestages der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz die Ausstellungen „Der Tod hat nicht das letzte Wort – Niemand zeugt für den Zeugen“ und „Zeichen gegen das Vergessen“ einen Monat lang im Paul-Löbe-Haus zu sehen sein.