Nach reiflicher Überlegung und unter Abwägung aller Vor- und Nachteile habe ich heute im Deutschen Bundestag für ein Mandat der Bundesregierung für weitere Verhandlungen mit der griechischen Regierung votiert. Das will ich erläutern.
Zunächst: Der Deutsche Bundestag hat heute über ein Verhandlungsmandat abgestimmt, nicht über ein Verhandlungsergebnis. Über potenzielle Ergebnisse der nun beginnenden Gespräche zwischen der griechischen Regierung und den Gläubigern muss der Deutsche Bundestag noch einmal gesondert entscheiden.
Dann wird es mutmaßlich um Finanzhilfen in einer Größenordnung gehen, die seit den Verhandlungen vom letzten Wochenende im Raum stehen. Das ist zugegebenermaßen abzusehen. Allerdings gehören für mich Solidarität und Reformen zusammen. Weniger absehbar, aber für mich entscheidend ist, ob sich die griechische Regierung jetzt endlich an Absprachen hält und Reformen durchführt. Sie hat in der Vergangenheit Vertrauen verspielt, weil sie Zusagen nicht eingehalten hat. Weitere finanzielle Hilfe ist für mich nur denkbar, wenn Regierung und Parlament die vereinbarten Reformen schnell, zuverlässig und effektiv umsetzen. Ein erster Schritt ist getan: Am Mittwoch hat das griechische Parlament von den Gläubigern eingeforderte Gesetze beschlossen: die Vereinfachung des Mehrwertsteuersystems und die Erhöhung der Luxussteuern, sofortige Maßnahmen zur Verbesserung der langfristigen Tragfähigkeit des Rentensystems als Teil eines umfassenden Programms zur Rentenreform, die Sicherstellung der vollen rechtlichen Unabhängigkeit des griechischen statistischen Amtes ELSTAT, die vollständige Umsetzung der maßgeblichen Bestimmungen des Fiskalpaktes.
Ich habe mir mein Ja zu weiteren Verhandlungen nicht leicht gemacht. Bei aller Skepsis und bei allem Ärger über das Verhalten der griechischen Regierung in den vergangenen Wochen überwiegt aber meine Hoffnung darauf, dass es doch noch gelingen kann, in Griechenland diese Reformen mit den Verantwortlichen im Land umzusetzen. Dabei geht es mir nicht nur um die Stabilität unserer Währung und mögliche politische Schäden für die europäische Idee. Es geht um das langfristige Wohl unserer Bürgerinnen und Bürger in Deutschland, und es geht eben auch um die Menschen in Griechenland. Das Mandat für Verhandlungen ist dafür aus meiner Sicht der einzige Weg unsererseits, auf diese Entwicklungen verantwortlich Einfluss zu nehmen. Ob diese Verhandlungen zu den gewünschten Ergebnissen führen, wissen wir nicht, erst recht nicht, ob der Reformprozess zum Erfolg führen wird. Aber nicht zu verhandeln hieße schon jetzt, Verhandlungsdruck aufzugeben und Gestaltungsmöglichkeiten nicht wahrzunehmen.
Die Bundesregierung hat deutlich gemacht, dass sie weiter darauf pochen wird, dass die griechische Politik Absprachen einhält und Reformen entschlossen umsetzt. Ich hoffe darauf, dass dadurch Stück für Stück Perspektiven auf Erholung der Wirtschaft und stabilere Staatsfinanzen entstehen. Ich werde genau beobachten, wie die weiteren Verhandlungen verlaufen und wie ernst es die griechische Regierung mit Reformen meint. Davon mache ich mein Verhalten bei etwaigen weiteren Abstimmungen im Deutschen Bundestag abhängig.