Natürlich bin ich durch meinen christlichen Glauben geprägt. Aber dies ist nicht der einzige Grund, warum ich seit Monaten mit meinen Bundestagskollegen an einem Gesetzesentwurf arbeite, der ein umfassendes Sterbehilfeverbot fordert. Ich sehe vielmehr die Verpflichtung für jede Gesellschaft, sich für die Wehrlosen und Schwachen ganz besonders einzusetzen.
Im Artikel 1 unseres Grundgesetzes steht: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ Dieser Leitsatz ist unser gemeinsamer Auftrag für alle Situationen menschlichen Lebens, der unverzichtbare Kompass für eine menschenwürdige Zukunft. Dieser Satz schließt auch kategorisch aus, das Schicksal eines Menschen unter Nützlichkeitsaspekten zu betrachten.
Wenn Beihilfe zum Suizid aber zuerst ein legales, scheinbar „normales“ Angebot würde, dann sehe ich die Gefahr, dass sich ältere oder lebensbedrohlich erkrankte Menschen unter ökonomischen und psychosozialen Druck gesetzt fühlen. Manche werden sich dann mit Rücksicht auf die Angehörigen fast verpflichtet fühlen, sich zu „entsorgen“. Die Tür für organisierte Sterbehilfe zu öffnen, bedeutet so, die Schutzbedürftigsten womöglich über eine Schwelle zu drängen, die sie selbst gar nicht überschreiten wollten. Das wäre dann das glatte Gegenteil von Selbstbestimmung bis zum Tode.
Für Ärzte muss – wie für alle anderen Menschen – einerseits weiterhin gelten, dass Beihilfe zum Suizid so lange keine strafrechtlichen Konsequenzen hat, wie sie nicht geschäftsmäßig und organisiert betrieben wird. Andererseits lässt sich ärztliche Beihilfe nicht mit dem Hippokratischen Eid und dem ärztlichen Berufsethos vereinbaren. Die Bundesärztekammer formuliert das zutreffend: Ärzte sind Sterbebegleiter, keine Sterbehelfer.
Viele Menschen fordern deshalb einen Zugang zu Sterbehilfe, weil sie Angst vor zu großen Schmerzen haben, vor einem als unwürdig empfundenen Ende, vor Einsamkeit und Leid. Deshalb gehören das Verbot der organisierten Beihilfe zum Suizid und der umfassende Ausbau palliativer Versorgung untrennbar zusammen!