Mit Unverständnis reagieren die Bonner Bundestagsabgeordneten Ulrich Kelber (SPD), Katja Dörner (Grüne) und Claudia Lücking-Michel (CDU) auf die erneuten Forderungen von Mitgliedern des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestags nach einem Umzug der Bonner Ministeriumsjobs in Richtung Berlin. „Gerade die Mitglieder des Haushaltsausschusses sollten doch die Grundrechenarten beherrschen. Eigene Unterlagen des Gremiums weisen nach, dass die Fortsetzung der fairen Arbeitsteilung zwischen Berlin und Bonn unter Nutzung der bestehenden Infrastruktur für die Steuerzahler wesentlich preisgünstiger ist als ein teurer Komplettumzug. Die Kollegen sollten doch mal ein Sommerloch mit dem Thema auslassen“, mahnen die Bonner Abgeordneten ihre Kollegen zu mehr Seriosität.
Der „Bund der Steuerzahler“ hatte zuletzt von Kosten von 350 Mio. € für die Arbeitsteilung seit 1999 gesprochen, ohne diese Zahlen wirklich belegen zu können. Darauf beriefen sich unter anderem die Vorsitzende des Haushaltsausschuss, Gesine Lötzsch (Linke) und der SPD-Haushaltspolitiker Johannes Kahrs. „Der Haushaltsausschuss selbst hat einem Bericht des Bundesfinanzministeriums, der die Ausgaben der Arbeitsteilung mit aktuell 7,7 Millionen Euro jährlich veranschlagt, also noch nicht einmal einem Drittel dieser Summe, zustimmend zur Kenntnis genommen. Einsparungen durch die von Bonn aus viel billigeren Dienstreisen nach Brüssel und in die Bevölkerungshochburgen in Westdeutschland sind dabei noch nicht einmal gegengerechnet. Aber selbst wenn man die unseriösen Zahlen des selbsternannten „Bund der Steuerzahler“ heranzieht, würde der Komplettumzug viel zu teuer. Nach den Erfahrungen des ersten Teilumzugs würde der restliche Umzug mit den notwendigen Neubauten sicherlich fünf Milliarden Euro kosten, bei den Preisexplosionen bei Berliner Neubauten (Flughafen, BND) vermutlich noch mehr. Schon die dafür notwendigen Zinszahlungen wären deutlich teurer als die Arbeitsteilung“, erinnern Dörner, Lücking-Michel und Kelber an die Fakten.
Die drei Bonner Abgeordneten bezweifeln, dass eine „Versammlung aller Referate eines Ministeriums im gleichen Gebäude wie der Minister“ angesichts moderner Kommunikationsmöglichkeiten eine vordringliche Aufgabe in Deutschland sei. „Unsere Verkehrswege zerbröseln, Bildung ist noch immer unterfinanziert, der Wohnungsbau braucht Unterstützung. Finanzielle Spielräume müssen für diese zukünftigen Ausgaben genutzt werden und nicht für Berliner Lokalinteressen. Gesine Lötzsch, deren Wahlkreis ja in Berlin liegt, darf das wichtige Amt der Vorsitzenden des Haushaltsausschusses nicht dadurch beschädigen, dass sie die Grundrechenarten für Berliner Interessen außer Kraft zu setzen versucht“, kritisieren Lücking-Michel, Kelber und Dörner.